Trash Boat und „Crown Shyness“: Wie der Garten, so der Gärtner
29.07.2018 | Marco Kampe
Es sind nicht etwa die (bedauerlicherweise) inaktiven Mannen um Strike Anywhere, die mit „Inside Out“ ihr Studio-Comeback eröffnen. Jener anfänglichen Assoziation zum Trotz, wandert der Blick von Richmond (Virginia) nach St. Albans (England): Trash Boat leiten den Reigen um ihr neues Machwerk „Crown Shyness“ um Nuancen wütender ein, als sie es auf ihrem 2016 veröffentlichten Erstling „Nothing I Write You Can Change What You've Been Through“ taten. Doch die rabiate Gangart findet auch ihre melodischen Elemente; beide werden derart bravourös vertont, dass man der Formation einige Alben an zusätzlicher Erfahrung zuschreiben würde.
„Nothing New“ macht sich jene Mixtur zu eigen und ist, speziell in den Anfangssekunden, prädestiniert für kreisförmige, körperbetonte Tänze vor den Freilichtbühnen dieser Welt. Wer die Hoffnung auf eine Wiedergeburt der hochexplosiven Anfangszeiten von Rise Against noch nicht aufgegeben hat, der dürfte durchaus angetan sein. Ähnlich tanzbar, aber weitaus melodischer präsentiert sich „Don´t Open Your Eyes“ - ganz im Stile des kalifornischen Skate-Punks, ohne allzu sehr in Richtung des Weichspülers zu schielen. „Shade“ bietet gar vereinzelte Screams, sodass auch Fans des Hard-/ und Metalcore auf ihre Kosten kommen dürften.
Es ist doch immer wieder eine formlose Auszeichnung für Musiker, wenn ihre Anhänger nicht nur die Texte besser verinnerlicht haben, als es der eigene Frontsänger vermag, sondern auch besonders eingängige Einsätze des Leadgitarristen summend begleiten. „Old Soul“ offeriert zu diesem Zweck einen größeren Pop-Appeal als die übrigen Lieder und ist folgerichtig eine der vorab veröffentlichten Videoauskopplungen. „Controlled Burn“ zeigt der Musikwelt, dass die vielen Unkenrufe auf Bassisten dem Instrument nicht gerecht werden. Viel mehr als das tieftönende Röhren braucht es bei einer solchen Stimmgewalt des Sängers nicht, um die Strophen packend zu gestalten.
„Crown Shyness“ ist, als namensgebender Titeltrack, weder der Opener, noch ein unmittelbarer Gassenhauer. Vielmehr versucht man sich an akustischen Klängen, was durchaus als Feuerprobe der vormals gelobten Gesangsleistung zu verstehen ist. Ohne übermäßig Aufsehen zu erregen, verstreichen (hier wörtlich zu nehmen) gute 4 Minuten, ehe die Lautsprechermembranen erneut ihre Qualität unter Beweis stellen müssen.
„Silence“ ist der musikalische Sprengstoff, dessen Zündschnur nach seinem balladesken Vorgänger vollständig abgebrannt ist. Das vorgelegte Tempo liegt weit oberhalb des Durchschnitts, pendelt sich im Mittelteil jedoch wieder zwischen Melodie und Melancholie ein. „Love, Hate, React, Relate“ beschließt letztlich ein schlagfertiges Album mit weitestgehend gesenkten Fäusten und versöhnlichen Tönen.
Was bleibt, ist ein Albumname, dessen Understatement jedem Musikliebhaber sauer aufstoßen dürfte. Von Schüchternheit ist keine Spur zu sehen, dafür ein selbstbewusster Griff nach der Genre-Krone. Frau Fasolin kann insofern nur zugestimmt werden, als dass Trash Boat begnadete Botaniker zu sein scheinen und ihr Sound dem Artwork (Garten) durchaus gerecht wird.
Wertung
Mein Respekt gilt jenen Hörerinnen und Hörern, welche es schaffen, den „Replay-Button“ keiner allzu großen Abnutzung auszusetzen.
Marco Kampe
Der vormalige Fokus auf verzerrte E-Gitarren ist bei Marco einem übergeordneten Interesse an der Musikwelt gewichen. Die Wurzeln bleiben bestehen, die Sprossen wachsen in (fast) sämtliche Richtungen. Darüber hinaus bedient er gerne die Herdplatten oder schnürt sich die Laufschuhe.